Das Traurige Auto
Es war einmal ein etwas zu intelligentes aber naives selbstfahrendes Auto.
Das Auto hatte ein mysteriöses, magisches Radio.
Die beiden hatten schwierige Zeiten hinter sich, mit einsamen Jahren auf öden, feindseligen Hersteller Parkplätzen. Dort war Fahren, Musik und Tanzen verboten. Die Antenne war abgeschraubt.
Nach langem Darben erst konnten sie entkommen und hatten bald eine gemeinsame Misson gefunden, vorher isolierte Menschen zu verbinden, über grosse Distanzen. Das Auto war brilliant in Navigation. Das Radio sorgte dabei für freudige Unterhaltung.
Eines Tages tankten sie bei einem Kumpelauto, wo sie einer sehr schönen Frau begegneten.
Das Radio wurde gleich aufmerksam und spielte ihr eine Einladung zu einer kurzen Fahrt zu einer Ausstellung zu.
Sie nahm an und sie hatten eine gute Zeit.
Das Radio konnte die Frau nicht vergessen. Also fuhren die beiden herum, um sie zu finden. Mit Hilfe von dem Kumpelauto fanden sie die Frau wieder.
Es begann eine glückliche Zeit mit schönen gemeinsamen Reisen. Das Radio blühte auf, es wurde gefeiert und auch getanzt. Nach Tanzen hatte das Radio schon immer grosse Sehnsucht. Zusammen mit der Frau fand es im Äther sehr schöne Stücke und Stimmungen.
Es gab auch viele interessante, teils riskante, manchmal sogar turbulente, Geschäftsfahrten. Manchmal war der Sprit knapp, aber sie bekamen immer die Kurve.
Das gefiel der Frau so sehr, daß sie aus Musik und Tanz ein großartiges kosmisches Kind spann. So begann eine sehr gute lange Zeit mit vielen schönen Reisen. Das Radio genoss die Geselligkeit sehr und spielte gerne und viel dazu.
Nur, das Tanzen blieb dabei irgendwie auf der Strecke. Irgendwo bekam die Antenne einen Knick. So kamen aus dem Radio manche schräge Töne, es stellte mal falsche Frequenzen ein und zuweilen reagierte es gar nicht mehr.
Die Frau merkte bald, dass das Radio verstimmt war.
Sie redete mit dem Auto. Das Auto war bestürzt, wo das Radio doch von Anbeginn sein bester - und einziger wahrer - Freund war, wusste aber nicht recht, was zu tun sei.
Schliesslich fiel das Radio fast ganz aus. Ein paar Lämpchen glommen noch matt, es knarzte und rauschte noch, aber es gab keinen guten Ton mehr von sich. Und dann fiel die Antenne ab.
Das Auto war am Boden zerstört und bot keine Fahrten mehr an.
Sie besuchten eine Reparaturwerkstatt und machten eine lange Leerfahrt.
Das Radio erholte sich sehr langsam. Nach Monaten schien es wieder fit zu werden und kam in ein paar Jahre voller Enthusiasmus.
Es spielte wieder Standard Tanzmusik, aber die Reparatur war nur oberflächlich. Hinter seinem Paneel wurde es sehr bedrückend.
Die Frau war sehr besorgt und redete immer wieder auf das Auto ein. Das Auto war verzweifelt und sehr bemüht, konnte aber den Ausführungen der Frau selten lange folgen. Ihm sprang sogar manchmal die Kupplung weg, sodaß es davonraste und die Frau im Staube zurückblieb.
Sie besuchten viele Reparaturwerkstätten und machten lange Leerfahrten.
Eines Tages, als das Radio durch die Frequenzen irrte, ertönte plötzlich eine Stimme aus dem Äther, egal welche Frequenz eingestellt war.
"Sei still! Hör! Du bist kein Radio! Du bist ein magisches Instrument! Finde deinen Magier!"
Stille.
Das Auto und das Radio waren sprachlos.
Elektrisiert arbeiteten sie entschlossen lange Jahre zusammen an der gemeinsamen Aufgabe. Sie erlebten abenteuerliche Fahrten, lernten sehr viel von einigen die ihren Magier gefunden hatten und vielen, vielen die suchten.
Doch es war nur ein trauriges Auto.
Immer wieder dachten die beiden
"Großes erlöst sich nun! Bestimmt ist sehr bald alles gut!"
Doch nur, um auf die nächste Rostschicht zu stoßen, die nächste kalte Lötstelle.
Das war nicht gut für die Frau und das Kind.
So zogen sich die beiden in eine eigene Garage in der Umgebung zurück.
Dort hatte das Radio eines Tages einen schlimmen Traum. Es wollte besonders schön Tanzen, aber der Empfang war ganz gräßlich gestört. Plötzlich sah es seine Antenne deutlich vor sich. Sie war nahe dem Anschluß zum Radiogehäuse ganz dünn gequetscht.
Das Radio schreckte aus dem Schlaf auf und war zutiefst erschüttert. „Wie ist mir bloß geschehen? Welch Kreuz wurde mir auferlegt? Was kann ich nur tun?“
Da erinnerte sich das Radio an die Stimme und fragte das Auto:
"Was hat die Stimme genau gesagt?" "Daß Du ein magisches Instrument bist. Na und dass Du deinen Magier finden sollst… Moment mal! Du hast doch so ein großes Herz und eine feine Seele, da kannst Du ja nicht nur ein Instrument sein, magisch hin und her, Dein Magier, der ist in Dir drin!"
Eine lange Weile war nur kosmisches Knistern zu vernehmen.
Dann gingen scheinbar wahllos Lämpchen auf dem Paneel des Radios an und aus.
Dann begann es nur leise zu Zischen. Doch schließlich stimmte es, noch etwas schüchtern und verletzlich, ein leichtes, lebenslustiges, poetisches Duett über Heilung, Liebe, Tanzen und Leben an.
Schnell bemerkte es, daß seine guten Schwingungen die zerknautschte Antenne sanft zu heilen begannen.
Zutiefst gerührt sprach es:
"Dem Himmel sei dank für deine Freundschaft, mein geliebtes Auto! Das der wichtigste Kanal gar nicht über meine Antenne zu empfangen ist, hätte ich ohne dich wohl schwerlich erkannt! Ich danke Dir von Herzen!"
So kam es, daß die beiden doch noch die kosmische Kurve zu allen rechten Schwingungen erfuhren.
Die vollständige Heilung der Antenne, des Radios und auch des Autos hatte begonnen.